From: Christian Pree <chpr@gmx.net>
Subject: Expedition in die Tropen (Re: Privatklage gegen Patrick)
Date: Mon, 30 Aug 1999 00:33:34 +0200

On Sun, 29 Aug 1999 18:44:08 GMT, Henning@detebe.de (Henning Sponbiel)
wrote:

>On  Sun, 29 Aug 1999 00:58:44 +0200, Christian Pree wrote:
>
>>Fünfter Bissen: FEUER!
>
>Aaaaaah! Guuuuut!

Sadist!

>Bitte spannende Schilderung deiner Indien-Abenteuer posten!

Es war nicht wirklich spannend. Eher mühsam.

Los ging es Montag früh um 04:45, also ein paar Stunden vor meiner
gewohnten Aufstehzeit - aber der Flieger ging schon ziemlich zeitig.
Es hätte zwar auch einen um 10:45 gegeben, aber der wäre erst um 12:10
in Frankfurt eingetroffen, und erfahrungsgemäß geht sich das kaum aus.
DANKE, FRANKFURT! Die paar Stunden sollten mir noch ordentlich fehlen.

Also sind wir (meine Kollegen und ich) einige Stunden am Frankfurter
Flughafen herumgesessen, bis um 13:10 der Flieger nach Bombay
weiterging. Ich hatte Business-Class, die Kollegen Economy.
Seltsamerweise wollte keiner der Kollegen mit mir Platz tauschen und im
Gegenzug eine Bandscheibe dafür eintauschen.

Der Flug war, wie es Langstreckenflüge so an sich haben, vor allem
eines: Langweilig, das Futter war wie bei Lufthansa üblich erträglich,
wenn auch nicht berauschend - was aber auch an meiner Bestellung lag und
daran, daß ich nicht wie der Passagier auf der anderen Gangseite (der
während des Flugs eine Flasche Wein in sich hineingeschüttet hatte)
während der Landung ein Vomierbad zubereiten wollte.

In Bombay eingetroffen, hat man zuerst einmal das Klima zu verkraften:
Selbst um 00:30 noch 30 Grad, und 100% Luftfeuchtigkeit. Die
Paßkontrolle zog sich hin, und die Kofferausgabe war das pure Chaos.
Endlich war es geschafft, wir hatten ein Taxi vorbestellt, und ließen
uns bis zum Weiterflug in ein nahegelegenes Hotel chauffieren, dessen
Bar die ganze Nacht geöffnet hatte.

An die Schwärme von Servicepersonal muß man sich erst gewöhnen, ein
Beispiel: Beim Händewaschen nach dem Besuch des Kanalgottaltars wird
einem das Wasser auf- und zugedreht, und das Handtuch gereicht.

Wir warteten jedenfalls bis gegen 05:00 und fuhren dann weiter zum
Inlandsflughafen. Das Taxi hat selbstverständlich die paar Stunden auf
uns gewartet. Die Flughäfen in Bombay sind etwas merkwürdig angeordnet:
Auf der einen Seite der Landebahnen ist der internationale Flughafen,
auf der anderen Seite der nationale. Muß man umsteigen, muß man mit dem
Taxi rund um den Flughafen fahren, unm dannvielleicht wieder von
derselben Startbahn aus weiterzufliegen.

Der Weiterflug begann um 06:30, in Bangalore waren wir um 08:00. Auch
dort wartete schon ein Taxi, ein Ambassador: Sieht aus wie aus den 50er
Jahren, ein echter Panzer, und das den dortigen Verkehrs- und
Straßenverhältnissen perfekt angepaßte Fahrzeug.

Vielleicht gleich mehr zu den Verkehrs- und Straßenverhältnissen:
- Vierspurige Hauptstraßen werden in jeder Richtung mit bis zu 4
Fahrzeugen parallel befahren, und ich meine damit nicht Motorräder.
- Bei Bedarf ist auch der Gehsteig Teil der Straße.
- Der maximale Abstand zwischen zwei Fahrzeugen beträgt 25 cm, und zwar
auf allen Seiten.
- Die Hupe ist mindestens alle 10 Sekunden zu betätigen.
- das schwerere/größere Fahrzeug gewinnt.
- Zebrastreifen gibt es nicht.
- Ampeln gibt es, wenn auch selten, und sie haben reinen
Empfehlungscharakter.
- Wenn Polizisten den Verkehr händisch regeln, was auch an Kreuzungen
mit Ampeln üblich ist, so hängt die Folgsamkeit der Verkehrsteilnehmer
von der Anzahl der Sterne auf der Schulter des Polizisten ab.
- Die Überquerung einer Hauptstraße zu Fuß ist durchaus vergleichbar mit
der bei uns. Der Unterschied: In Indien kann man davon ausgehen, daß die
Autos _nicht_ bremsen.

Beim Einfahren in den Hotelbereich betritt man eine andere Welt: Von der
3. Welt in einem Schritt in den puren Luxus. Gut, das Hotel kostete auch
155$/Nacht, und das war ohne Steuern, ohne Frühstück etc. 5 Minuten nach
dem Eintreffen am Zimmer klopfte es, der Butler kam, brachte den
Willkommensdrink und überreichte seine Visitenkarte. Am Zimmer gab es
alles: Vom Fernseher über Videorekorder bis zur Extra-Telefonleitung für
den Laptop. Die Waage war mir aber eine Spur zu optimistisch: 80 kg
waren einfach nicht plausibel.

Ich stellte mich jedenfalls unter die Dusche, und danach ging es auch
schon zu unserer örtlichen Niederlassung und los mit den Besprechungen.
Der Schlafmangel begann allerdings, meine Konzentrationsfähigkeit leicht
zu beeinträchtigen.

Indische Besprechungszimmer sehen aber genauso aus wie europäische. Vom
Nachmittag haben wir alle nicht viel mitbekommen, jeder war damit
vollauf damit beschäftigt, gegen den Schlaf anzukämpfen. An diesem Abend
fielen wir dann alle sehr früh ins Bett.

Der Tagesablauf war ansonsten immer ziemlich gleich: Frühstück, 300 m
Fußmarsch zur Niederlassung (inkl. spannender Überquerung der
Hauptstraße), Besprechungen, Mittagessen in der Kantine (Reis plus
suspekte, zerkochte Saucen mit undefinierbarem Inhalt, von scharf bis
entsetzlich scharf), Besprechungen, abends gingen wir in ein Restaurant
(Reis plus suspekte, zerkochte Saucen mit undefinierbarem Inhalt, von
scharf bis entsetzlich scharf). Aber das Bier war trinkbar
("Kingfisher", sollte jemand einmal in die Gegend kommen).

Die Methode der Kaffeezubereitung war interessant: Man koche einen
Kaffeesud, sehr dick, sehr stark. Dann nehme man einen 10l-Topf Milch
und lasse ihn vor sich hin köcheln. Wenn man Kaffee will, geht man in
die Küche, und der Kaffeekoch gießt die Tasse zu etwa einem Drittel mit
dem Sud voll. Dann wird der Rest entweder mit heißer Milch aus besagtem
großen Topf oder mit frisch aufgekochtem Mineralwasser aufgefüllt.

Insekten gab es im Hotel und ums Hotel keine, was mich am ersten Abend
etwas wunderte. Am zweiten Abend nicht mehr: Da ging ein Angestellter
mit der Giftspritze ums Hotel, die graue Wolke reichte bis zum 3. Stock.

Am Mittwoch und Donnerstag abend regnete es, allerdings in der
tropischen Version, also eine Wasserwand. Am Donnerstag waren wir
bereits im Hotel, also kein Problem. Nur am Mittwoch waren wir noch im
Restaurant und hatten gerade bezahlt, als es zu regnen begann... Zu Fuß
zurück zum Hotel hätte mit Ertrinken geendet, also hat ein Taxifahrer
das Geschäft seines Lebens gemacht.

Am Freitag hatte ich noch Gelegenheit, einen "Original Handicraft"-Laden
zu besuchen. Die dort angebotene Ware war ein solcher Ramsch, daß ich
nichts gekauft habe. Danach ging es dann am Abend über Bombay und
Frankfurt zurück, Eintreffen in Wien am Samstag ca. um 10:00.

Jetzt kann ich sagen, daß ich in Indien war. Aber außer zwei Flughäfen,
einem Hotel und einem Besprechungszimmer habe ich kaum etwas gesehen...


Christian

-- 
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 °--°  Prozentsatz von grenzgenialen Anflügen systemimmanent.
                                        Ingo Ließegang in at.usenet

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